Was ist das Gegebene?




In diesem Forum sollen die zentralen Ideen der Philosophie Josef Mitterers, der "Nicht-dualisierenden Redeweise", kritisch diskutiert werden. Themen werden unter anderem sein: Mitterers neue Notation der Ausführungszeichen (/.../) zusätzlich zu den Anführungszeichen ("..."), seine Unterscheidung von Beschreibung so far und Beschreibung from now on, seine Konzepte der Objektangabe und der Rudimentärbeschreibung, seine Kritik an "'p' ist wahr, wenn p", sein Abschied von der Wahrheit, sein neuer Empiriebegriff (Weitergehen auf eine neue These anstelle des Scheiterns am Objekt), seine Kritik des Konstruktivismus (insbesondere Maturana und Roth), seine Kritik des Relativismus (insbesondere Whorf, Winch, Quine, Kuhn, später Wittgenstein) u. a.

Was ist das Gegebene?

Beitragvon sw23 » 3. August 2011, 08:38

Inspiriert von einer Dokumentation über die Welt der Farben/die Sprache der Farben (ich oute mich hiermit als PHOENIX-Seher), würde ich gerne mit Samuel Blaser, aber auch mit anderen ;-) folgendes Problem diskutieren:

Was ist das Gegebene? Im dualistischen Alltagsrealismus können wir die Frage schnell beantworten, indem wir mit breiter Geste auf die Welt da draußen zeigen oder mal kurz gegen die Wand da klopfen: So zeigt sich das Gegebene, in diesem Fall als Widerständisches (des festen Aggregatzustands). Auch ein Naturwissenschaftler würde schnell antworten: Gegeben, das sind die Elementarteilchen, dann die Atome, Moleküle usw.

Allerdings ist der Alltagsrealismus, der mit dem Widerstand des festen Körpers die Existenz der Realität beweisen möchte, doch etwas naiv, und auch für den Dualisten wird die Sache schnell komplexer. Das Problem, und auch das Problem, das Mitterer im "Jenseits der Philosophie" zumindest implizit erwähnt, ist, dass wir die Frage nach dem Gegebenen im Dualismus offenbar nur beantworten können, indem wir einen neuen Dualismus aufmachen: jenen zwischen der Welt unserer Alltagswahrnehmungen/-empfindungen und der Welt der (dahinter-/darunterliegenden) Erscheinungen, die die moderne Naturwissenschaft beschreibt.

Wenn wir allerdings auf eine nondualistische Perspektive umstellen, brauchen wir den Dualismus zwischen zum Beispiel 'unserem subjektiven Empfinden eines speziellen Rottons' und 'jener Wellenlänge des Lichts, die genau diesem Rotton entspricht' nicht. Letzteres wäre einfach ein Fortschreiben von Ersterem: "Unser subjektives Empfinden dieses speziellen Rottons entspricht einer Wellenlänge des Lichts von ...". Unsere Welt: das wäre dann der 'Stand' der gegenwärtigen wissenschaftlichen Beschreibungen/Ausdifferenzierungen. Wissen und Welt fallen so gesehen zusammen. Spannend wäre dann die Frage: Wann, wie und warum kam es zur 'Externalisierung' einer beschreibungsverschiedenen Welt?

Dieses nondualistische Denken spießt sich aber daran (wie letztlich alle konstruktivistischen, idealistischen oder subjektivistischen Annahmen), dass es dem Stand der Wissenschaften entspricht, dass die Welt schon vor dem Menschen da war, insofern also das "Gegebene" schon vor dem Einsetzen der menschlichen Erkenntnistätigkeit da gewesen sein muss. Aber in welcher Form dann? Darauf bekomme ich nicht mal von Mitterer klare Antworten, leider...

Ich erinnere noch einmal an Mitterers Kritik an Whorf, für den auch irgend etwas "gegeben" sein muss: eine Welt des Chaos, des Flusses, ein kaleidoskopartiges Strömen, die Welt der Farben und Formen... Ist nun aber im Dualismus die Welt der Alltagswahrnehmungen/-empfindungen die "gegebene", oder die Welt der von der modernen Wissenschaft beschriebenen Erscheinungen (Wellenlängen etc.), oder beides? Bei Whorf sind es einmal die Farben und Formen, dann wieder die "physikalischen Tatsachen", die dem Subjektiven vorausgesetzt werden.
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Re: Was ist das Gegebene?

Beitragvon Samuel Blaser » 17. August 2011, 20:57

Das in der angeblichen Vergangenheit liegende, das Ursache für das Jetzige sein soll, ist ja auch nichts anderes als Jetzt-Gedachtes, Jetzt-Erinnertes, Jetzt-Geschlussfolgertes in Form von Sprache und sprachabhängigen Bildern, Vorstellungen.
Oder nicht?

Mit freundlichem Gruss

Samuel Blaser
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