Hallo Herr Weber,
sw23 hat geschrieben:Wie kann sich Sprache 'manifestieren'? Als gesprochene Sprache (ich spreche, andere sprechen, ich höre anderen zu - in der Regel kaum mir selbst!)
Oh doch! Sind doch die meisten Gedanken, die wir haben, verbal und 'da' hören wir uns selbst zu. Also jeder Verbalgedanke, der mir einfällt, ist Manifestation von Sprache.
Und dann kommt es Dicke: eine Umenge an längst verinnerlichtem Sprachwissen läuft permanent ab, so zum Beispiel die Unterscheidung 'oben-unten'; das fällt aber nur dann auf, wenn sie nicht mehr greift, bei Schwindel oder Ähnlichem. Daraus folgt: Primärste Bewegung und Orientierung in der Welt ist schon sprachabhängig. (Das Gegenargument der sprachlosen Tiere, funzt ja nicht, weil die ja schon wieder ein 'Jenseits' im Argumentationszusammenhang wären.)
sw23 hat geschrieben:Wenn Sie nun schreiben, dass ein gelesenes oder gehörtes Wort etwas (ein Bild? einen Wahrnehmungsinhalt?) evoziert, dann ist das zunächst mal eine sprachidealistische oder -konstruktivistische Vorstellung.
Naja, wenn man es auf der theoretischen Ebene belassen will, dann ist Ihre Kategorisierung sicherlich richtig.
Aber ist es nicht einfach so, also auch praktisch-faktisch?Ich schreibe:
Rumpelstilzchen
nun, hat obiges Wort nicht augenblicklich bestimmte Vorstellungen bei Ihnen ausgelöst (zB tanzendes Männchen am Feuer), weil Sie das Märchen kennen? Hatten Sie eine Chance, sich gegen diese Evokation des Wortes zu wehren? Kaum oder? Wenn das Wort NICHTS ausgelöst hat, kein Bild, wie wussten Sie dann, was es meint?
Auch wenn ich jetzt über Dresden oder die Frauenkirche schreiben würde, muss ich den Vorstellungsinhalt gar nicht aktivieren. Probieren Sie es aus!
Im Detail muss ich das nicht, aber 'die Idee' Stadt und Kirche werden - zumindest bei mir - blitzschnell schon 'bildlich' umgesetzt. Ein zeitaufwendiges Ausmalen ist nicht notwendig, genügt eben auch nur die einfachste abstrakte bildliche Verallgemeinerung und das Wissensumfeld des Wortes (Dresden liegt in Deutschland zB), um das Wort im Zusammenhang zu verstehen: denn hätte ich kein 'Bildwissen' vom Wort, wie könnte ich es dann lesen?
Worte lösen also Bilder im Geiste aus (ähnlich wie der binäre Code (Sprache) einer DVD Bilder aufm Bildschirm erzeugt), sie können sich aber nicht auf etwas Geist- oder Sprachfreies beziehen, weil damit wird wieder ein 'Jenseits' geschaffen, das es erst WEGEN (besser als 'nach'!!! da zeitlos formuliert!) der Unterscheidung 'Zeichen-Bezeichnetes' geben kann - also doch sprachaktabhängig ist und somit auch bewusstseinsabhängig.
Viele Grüsse
sb