Ist der Non-Dualismus doch Schabernack?




In diesem Forum sollen 16 neue Beiträge von internationalen Autorinnen und Autoren zum Non-Dualismus diskutiert werden, die im März 2013 in einem Special Issue des Journals "Constructivist Foundations" mit dem Titel "Non-dualism: A Conceptual Revision?" (Hg. Alexander Riegler und Stefan Weber) erschienen sind. Insbesondere Josef Mitterers Beitrag "'On Interpretation'" lädt zur Diskussion ein: 'Gibt' es keinen nicht-interpretierten Text jenseits der Interpretation, oder ist das nur postmodernes "Immer-Schon"-Gelaber?

Ist der Non-Dualismus doch Schabernack?

Beitragvon sw23 » 27. Mai 2013, 07:11

Führt die Nicht-Unterscheidung zwischen Objekt- und Metasprache im Non-Dualismus zu systematischen Fehlschlüssen? Man beachte folgende Ableitung. Ich freue mich über Diskussionsbeiträge. Vielleicht liege ich ja "falsch"...


1) „Das Objekt der Beschreibung ist nicht beschreibungs- oder ‚sprachverschieden‘, sondern jener Teil der Beschreibung, der bereits ausgeführt worden ist.“ (§ 13, "Jenseits der Philosophie", die zentrale nondualistische These/Gleichsetzung)

2) Jener Teil der Beschreibung, der bereits ausgeführt worden ist, ist von uns aus Sprachzeichen zusammengesetzt worden.

3) Das Objekt der Beschreibung ist von uns aus Sprachzeichen zusammengesetzt worden.

4) In einem Beispiel sei das Objekt der fossile Knochen.

5) Der fossile Knochen ist von uns aus Sprachzeichen zusammengesetzt worden.


Satz 5 ist ganz offensichtlich absurd.
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Re: Ist der Non-Dualismus doch Schabernack?

Beitragvon strasser » 27. Mai 2013, 09:19

Wir haben unsere Coaching-Experten am Institut gefragt:

http://rechtsphilosophie.uni-graz.at/de ... /coaching/

Ihre Antwort war, während sie an ihrem Hundeknochen kauten zwar etwas mampfig, aber dennoch eindeutig: Schabernack!

LG, ps
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Re: Ist der Non-Dualismus doch Schabernack?

Beitragvon sw23 » 27. Mai 2013, 09:57

Lieber ps,

Sie sind der lustigste Philosoph! Vielen Dank für den erneuten großen Lacherfolg.

Aber nun zum Ernst der Lage, und da hilft kein Hundecoaching, sondern eher Selbsttherapie. Meine therapeutische und sehr selbstkritische These:

Betrachten wir die Erkenntnis: Zuerst war die Welt, dann kam der Mensch (in die Welt), dann kam die (Verbal-)Sprache (in die Welt).

Wer nun nicht, wie der Realist, die Welt prioritär setzt, sondern den Menschen (den "Beobachter" wie im Konstruktivismus) oder die Sprache (die "Beschreibungen" wie im Nondualismus), der leidet vielleicht an einer Art narzisstisch-egozentrischen Persönlichkeitsstörung.

Mein Forschungsprojekt für heute: Wie viele (Radikale) Konstruktivisten und (hyperradikale) Nondualisten waren überbehütete (Einzel-)Kinder? Ich oute mich: Ich war's.

Ergebenst

Ihr
sw, der aber bitteschön das Philosophieren als Hobby trotz aller erdrückenden Gegenargumente nicht aufgeben möchte
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Re: Ist der Non-Dualismus doch Schabernack?

Beitragvon Samuel Blaser » 28. Mai 2013, 14:59

Betrachten wir die Erkenntnis: Zuerst war die Welt, dann kam der Mensch (in die Welt), dann kam die (Verbal-)Sprache (in die Welt).


Hallo beisammen,

hier liesse sich fragen, ob das überhaupt eine Erkenntnis ist und wenn ja, eine Erkenntnis welcher Art (zB im Gegensatz zu der Erkenntnis, dass ich jetzt schreibe oder wenn ich aggressiv werde, in der Tendenz andere davon Betroffene auch aggressiv reagieren etc.).

Denn es ist nicht so absurd, zu wägen, obige Erkenntnis habe mal jemand geäussert und das ist dann einfach von anderen seit Generationen übernommen worden, wobei keiner faktisch-überprüfbar feststellen konnte, dass diese Reihenfolge der Geschehnisse wirklich stimmt (so wie man feststellen kann, dass ich jetzt schreibe oder mich erinnere, dass Aggression tendenziell 'ansteckend' wirkt). Und das obschon man Bibliotheken über Kosmogonie und Sprachentstehung füllen kann.

Des Kasiers neue Kleider?!

Viele Grüsse

sb
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Re: Ist der Non-Dualismus doch Schabernack?

Beitragvon strasser » 28. Mai 2013, 18:33

Eben. Weil,es heißt doch:

Im Anfang (ἀρχή) war das Wort (λόγος)
und das Wort war bei Gott,
und das Wort war Gott.
Im Anfang war es bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden,
und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. (Joh. 1,1–3)

...auch nicht der Hundeknochen von Rudi und Georgi! Die Erkenntnis steht in der Bibel, und dass unser Nondualist Nr.1 bibelfest ist, daran kann ja wohl kein Zweifel bestehen, oder?

LG, ps
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Re: Ist der Non-Dualismus doch Schabernack?

Beitragvon Samuel Blaser » 29. Mai 2013, 11:13

Naja, wenn man jetzt aber weder glauben möchte, dass der 'Anfang' bei Gott (der die Worte gemacht hat...) war noch beim Urlärm, so bleibt einem nur sokratisches Nichtwissen.

Liebe Grüsse

sb
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Re: Ist der Non-Dualismus doch Schabernack?

Beitragvon sw23 » 30. Mai 2013, 13:07

Liebe Diskutanten!

Nachdem es hier bislang niemand getan hat, erlaube ich mir, meine Provokation wie folgt "aufzulösen".

Ich bin bei Satz 5 stehen geblieben: Der fossile Knochen ist von uns aus Sprachzeichen zusammengesetzt worden.

Weder der Dualist noch der Non-Dualist können bei diesem Satz einfach so stehen bleiben. Der Dualist sagt ja, dieser Satz sei absurd, ein Fehlschluss, blanker Unsinn etc. Also: Der Satz "Der fossile Knochen ist von uns aus Sprachzeichen zusammengesetzt worden" ist falsch, weil kein fossiler Knochen aus Sprachzeichen besteht und auch noch kein Sprachzeichen auf einem fossilen Knochen gefunden wurde und überhaupt hier rein gar nichts von "uns" kommen könnte, weil es uns noch gar nicht gab. Und dafür gibt es empirische Belege: Der fossile Knochen ist nämlich so und so viele Millionen Jahre alt, die menschliche Sprache allerdings erst so und so viele tausend Jahre.

Der Non-Dualismus weist nun darauf hin, dass wir nicht das Fossil 'a priori' vor die Sprache zurücksetzen dürfen, sondern dass nun bereits eine weitere Beschreibung vorliegt, nämlich "das Fossil, das so und so viele Millionen Jahre alt ist" (als Ergebnis eines Prüfverfahrens, z. B. einer radiometrischen Altersbestimmung).

Und nun kommt der Clou: Mitterer sagt sich: Wenn die Menschen die Anführungszeichen "..." erfunden haben, erfinde ich mal so nebenbei eine neue Notation: die Ausführungszeichen /.../. Und ich 'erkläre' die nunmehr vorliegende, weitere Beschreibung zum Objekt: Also: Das Fossil, das so und so viele Millionen Jahre alt ist, entspricht der Beschreibung so far /das Fossil, das so und so viele Millionen Jahre alt ist/.

Ich kann dann fortsetzen mit: Das Fossil, das so und so viele Millionen Jahre alt ist, ist doch nicht die Beschreibung "das Fossil, das so und so viele Millionen Jahre alt ist". Damit habe ich schon wieder mehr gesagt und muss das wieder wie vorher begründen bzw. auf die erste Begründung verweisen.

Der Non-Dualist markiert wieder das bereits Gesagte, die ausgeführte Beschreibung und 'erklärt' sie zum Objekt. Das weitere Objekt ist dann die Beschreibung so far /das Fossil, das so und so viele Millionen Jahre alt ist und nicht die Beschreibung "das Fossil, das so und so viele Millionen Jahre alt ist" ist/.

Der Dualist kann sagen: Non-Dualist, verschone mich mit Deiner Morsesprache. Er kann sich einfach weigern, Sätze der Objektsprache (oder besser: der Alltagssprache, in der auch Objekt- und Metasprache ‚vermischt‘ sein können) mit /.../ zu kennzeichnen, weil er darauf beharrt, diese immer mit "..." in Metasprache kennzeichnen zu müssen. Er kann sagen: Non-Dualist, Deine Notation mit /.../ ist Unsinn und stiftet nur Verwirrung. Er fordert, am sprachverschiedenen (hier: sprachprioritären) Objekt festzuhalten, eben weil es uns die Empirie so sagt, und damit braucht es keine neue Notation, die dies in Frage stellen würde.

Dann kann die Schlacht weitergehen!

LG
sw
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